Warum Kinder ihre Luftmatratze selbst aufbauen sollten – ein Plädoyer für Selbstständigkeit und Teamarbeit
Wenn ich erzähle, dass bei einer Übernachtung die Kinder – vorausgesetzt, sie sind im Grundschulalter – ihre Luftmatratze und das Bett selbst aufbauen, ernte ich oft ungläubige Blicke. Manche mögen denken: „Wie kann eine Mutter nur ihrem Kind und dessen besten Freund oder beste Freundin eine solche Aufgabe zumuten?“ Vielleicht halten mich einige sogar für eine Rabenmutter, weil ich nicht sofort helfend zur Seite springe.
Doch ich sehe das anders. Für mich ist genau dieser Moment ein wertvoller Teil der Erfahrung, eine Nacht außerhalb des eigenen Bettes zu verbringen. Das Aufbauen der Schlafstätte ist nicht nur eine reine Notwendigkeit, sondern eine wertvolle Lektion in Selbstständigkeit, Teamarbeit und der Wertschätzung von Dingen, die oft als selbstverständlich angesehen werden.
Gemeinsame Anstrengung – ein Schlüssel zum Teamgeist
Stellen wir uns die Szene vor: Zwei Kinder stehen voller Vorfreude in einem aufgeräumten Zimmer. Vor ihnen liegt eine noch zusammengefaltete Luftmatratze, daneben eine Handluftpumpe. Das Ziel ist klar – hier entsteht das Schlaflager für die Nacht.
Anfangs mag es als einfache Aufgabe erscheinen, doch spätestens nach den ersten Pumpbewegungen merken die Kinder: Das ist anstrengender als gedacht! Hier beginnt die Magie des gemeinsamen Arbeitens. Sie müssen sich abwechseln, einen Rhythmus finden, miteinander kommunizieren und sich gegenseitig motivieren. Vielleicht wird gelacht, vielleicht auch ein wenig geseufzt – doch am Ende haben sie es gemeinsam geschafft.
Und genau dieser Moment, in dem sie erschöpft, aber stolz auf ihr Werk blicken, ist unbezahlbar. Denn sie haben nicht nur eine Luftmatratze aufgepumpt – sie haben als Team agiert, Verantwortung übernommen und eine echte Leistung erbracht.
Rituale und Struktur – Sicherheit durch Vorbereitung
Das Aufbauen der Schlafstätte ist nicht einfach nur ein praktischer Vorgang. Es ist Teil eines rituellen Ablaufs, der den Kindern ein Gefühl von Struktur und Sicherheit gibt.
1. Das Zimmer vorbereiten: Bevor die Luftmatratze aufgepumpt wird, überlegen sich die Kinder, wo sie am besten platziert wird. Dafür müssen Möbel vielleicht etwas gerückt oder Gegenstände beiseitegelegt werden.
2. Das gemeinsame Arbeiten: Jeder übernimmt eine Rolle – einer pumpt, der andere hält die Matratze fest. Dann wird gewechselt.
3. Das Bett beziehen: Die Matratze ist endlich prall gefüllt, jetzt kommt das Laken darüber. Auch hier wird gemeinsam überlegt: Welches Kissen? Welche Decke? Wie machen wir es uns am gemütlichsten?
4. Der Tagesplan wird festgelegt: Während sie sich auf ihr Nachtlager vorbereiten, sprechen sie darüber, wie der Abend ablaufen soll. Welcher Film wird geschaut? Welche Snacks werden bereitgestellt? Welche Spiele stehen noch an?
5. Der Moment der Zufriedenheit: Am Ende des Tages legen sie sich in ihr selbst errichtetes Bett – und genau das fühlt sich besonders an.
Durch diesen Ablauf bekommen die Kinder nicht nur das Gefühl, Teil eines kleinen Projekts zu sein, sondern sie lernen auch, dass Vorbereitung eine wichtige Rolle spielt, wenn man sich wohlfühlen möchte.
Selbstständigkeit fördern – ein Grundstein für die Zukunft
Wir Eltern haben oft den Impuls, unseren Kindern so viel wie möglich abzunehmen. Doch genau hier liegt eine Chance zur Förderung der Selbstständigkeit. Ein Grundschulkind kann durchaus eine Luftmatratze aufpumpen, sein Bett selbst vorbereiten und sein Umfeld so gestalten, dass es sich wohlfühlt.
Indem wir ihnen diese Aufgaben zutrauen, senden wir eine klare Botschaft: „Du kannst das! Ich glaube an dich.“ Das stärkt nicht nur das Selbstvertrauen, sondern auch das Gefühl, Dinge selbstständig bewältigen zu können.
Und genau das brauchen Kinder – nicht übermäßige Fürsorge, sondern den Raum, eigene Erfahrungen zu machen, Herausforderungen zu meistern und zu lernen, dass Anstrengung sich lohnt.
Fazit: Mehr als nur eine Luftmatratze
Es geht nicht einfach darum, dass Kinder ihr Bett selbst aufbauen. Es geht darum, dass sie lernen, sich in neuen Situationen zurechtzufinden, Verantwortung zu übernehmen und Teamgeist zu entwickeln.
Die Übernachtung wird dadurch nicht nur ein lustiges Abenteuer, sondern auch eine wertvolle Erfahrung fürs Leben. Denn wer einmal gelernt hat, sich mit Geduld und Mühe eine gemütliche Schlafstätte zu schaffen, wird vielleicht auch später Herausforderungen mit mehr Selbstvertrauen begegnen – sei es bei einem Campingausflug, in der ersten eigenen Wohnung oder beim eigenständigen Planen eines Projekts.
Also, liebe Eltern, traut euren Kindern etwas zu – ihr werdet überrascht sein, wie viel sie schon können!
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