WG Bewohner? Plötzlich ist mein Ziehsohn mir fremd!
"Mein Sohn lebt in einer WG – und ich erkenne ihn nicht wieder"
Ich weiß nicht mehr weiter. Mein Sohn ist 18, erwachsen, selbstständig – zumindest theoretisch. Er hat sich entschieden, in eine Wohngemeinschaft zu ziehen, um unabhängiger zu sein. Ein großer Schritt, ein wichtiger Schritt. Ich war stolz auf ihn. Doch mittlerweile frage ich mich: Habe ich ihn falsch erzogen? Habe ich ihm nicht beigebracht, was es bedeutet, mit anderen zu leben?
Seine Mitbewohner erzählen mir, dass er sich kaum einbringt. Er macht nur das Nötigste – für sich selbst. Wenn er kocht, räumt er nur seine Sachen weg. Wenn er wäscht, nimmt er nur seine Wäsche ab, selbst wenn der Ständer voll ist. Die gemeinsamen Aufgaben ignoriert er konsequent. Er beteiligt sich nicht an Gruppenaktivitäten, zahlt nicht für gemeinsame Dinge, sagt Treffen immer wieder ab. Und wenn ich ihn darauf anspreche? Dann sagt er: "Jeder soll doch einfach seinen Kram machen, dann gibt es keine Probleme."
Aber so funktioniert das Leben nicht. So funktioniert keine Gemeinschaft.
Ich habe ihm doch beigebracht, rücksichtsvoll zu sein. Dass man in einer Gruppe auch mal etwas für andere tut, ohne eine direkte Gegenleistung zu erwarten. Dass es nicht immer nur darum geht, was einem selbst am bequemsten ist. Aber jetzt? Jetzt scheint er das alles vergessen zu haben. Oder schlimmer noch: Er will es gar nicht verstehen.
Seine Mitbewohner fangen an, ihn auszuschließen. Sie planen Ausflüge – ohne ihn. Sie besprechen Dinge – ohne ihn. Und ich frage mich: Merkt er das überhaupt? Fühlt er sich ausgeschlossen? Oder ist ihm das völlig egal?
Ich sehe, wie er sich selbst isoliert, und ich kann nichts tun. Ich kann ihn nicht zwingen, sich einzubringen. Ich kann ihn nicht dazu bringen, zu verstehen, was Zusammenhalt bedeutet. Er muss es selbst merken. Aber was, wenn er es erst merkt, wenn es zu spät ist? Wenn er irgendwann einsam in seinem Zimmer sitzt und sich fragt, warum keiner mehr mit ihm zu tun haben will?
Ich wünschte, ich könnte ihn wachrütteln. Ihm zeigen, dass das Leben kein Solo-Projekt ist. Aber vielleicht ist das eine Lektion, die er auf die harte Tour lernen muss.
Und das tut weh. Weil ich seine Mutter bin. Und weil ich ihn liebe.
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